Am 12.12.2020 wirst Du nun fünf Jahre alt. Die „Fridays For Future“ Bewegung möchte zu diesem Anlass weltweit auf das Klimaproblem aufmerksam machen. Die „Fridays For Future Sulingen“ (klimainitiativesulingen.de) Aktiven halten es wegen der Corona-Pandemie nicht für förderlich, mit großen Menschenmengen zu demonstrieren (losgelöst vom „darf man oder darf man nicht“) – sondern möchten auf dem Wege dieses Essays die Dringlichkeit und die Priorität des Klimawandels beleuchten.
2015 beschlossen 196 Staaten dieses Planeten die menschengemachte Erderwärmung auf deutlich weniger als 2°C – am Besten unter 1,5°C - zu beschränken. Allen war klar, dass dieses Ziel eine hohe Priorität hatte und hat, die Auswirkungen selbst einer so kleinen Erwärmung sind schon katastrophal genug. Dabei brauchen wir für das Ausmalen der Auswirkungen heutzutage nicht mehr nur Bauchgefühl und Fantasie. Füttert man die Millionen Messdaten der letzten hundert Jahre in eine Computersimulation bekommt man sehr schöne plastische Resultate. Was ist in den letzten 5 Jahren passiert? Um es kurz zu machen: viel zu wenig. Die Erderwärmung ist inzwischen um mindestens 1°C fortgeschritten, und die Anstiegsgeschwindigkeit ist gestiegen. Ein Ziel von weniger als 1,5°C dürfte nun nicht mehr zu erreichen sein. Die Auswirkungen des Klimawandels sehen wir auch direkt vor unserer Haustüre – wenn wir nicht die Augen zumachen und ignorieren was das Zeug hält. Und gerade das ist scheinbar etwas, was wir immer weiter perfektioniert haben: das Ignorieren von Warnsignalen, „es wird schon gut gehen“, „das kann man später lösen“. Durch unseren Umgang mit Menschen am Verhandlungstisch haben wir gelernt, Wege mit Kompromissen als Normalität zu sehen. Solange wir uns in einem Bereich bewegen, in dem sich ausschließlich Menschen als Vertragspartner befinden, ist gegen diesen Weg auch nichts einzuwenden. Hat man als „Vertragspartner“ die Natur, dann ist dieser Weg folgenschwer – für einen der beiden Vertragspartner: uns Menschen. Die Natur besteht aus einem gewaltigen Netzwerk von Einzelvorgängen, bei dem alles miteinander verzahnt ist. Dieses Netzwerk gibt der Natur seit etlichen hunderttausend Jahren ein Gleichgewicht, das unsere heutige Tier- und Pflanzenwelt hervorgebracht hat. Kleinere Störungen an wenigen Stellen kann so ein Netzwerk besser wegstecken als losgelöste Kreislaufprozesse. Der Mensch hat mit seinem Agieren auf der Welt dieses Netzwerk jedoch an vielen Stellen gleichzeitig geschwächt. Die Folgen können (und so wie es aussieht werden sie es) fatal sein. Wenn das Netzwerk zu stark gestört ist treten selbst verstärkende Prozesse auf die niemand mehr aufhalten kann. Zum Beispiel die Eisflächen der Pole. Ihre Reflexionsfähigkeit wirft einen großen Teil der Sonnenstrahlen zurück ins Weltall – deren Energie kann die Erde nicht mehr aufheizen. Leider werden diese Eisflächen in atemberaubender Geschwindigkeit kleiner – durch die Erwärmung, die wir Menschen verursacht haben. Dadurch werden weniger Sonnenstrahlen reflektiert, und ihre Energie heizt nun zusätzlich unsere Erde. Rechnerisch ist der Punkt, an dem alleine dieser Effekt eine unaufhaltsame weitere Erwärmung nach sich zieht, zu ermitteln. Wir können recht genau sagen, dass es eine Mindesteisfläche gibt. Wir nähern uns dieser nach wie vor – trotz Klimaabkommen.
Die Wissenschaft hat uns diese Tatsache klar gemacht. Das bislang von der Menschheit gesammelte Wissen ist groß genug, um uns zu warnen. Dank der „Fridays For Future“ – Bewegung hat auch eine breite Mehrheit der Bevölkerung verstanden, dass es da ein Problem gibt. Trotzdem ist auch nach 5 Jahren Pariser Klimaabkommen weitere wertvolle Zeit verstrichen um das Tempo der menschengemachten Klimaerwärmung deutlich zu reduzieren. Wann ist der Bremsweg einer Reduktion zu lang um nicht trotzdem an eine Mauer zu knallen? Wann ist es zu spät? Jetzt schon? So ganz genau können wir das nicht sagen. Was wir aber sagen können: es gibt diese Grenze, und falls wir sie nicht schon überschritten haben ist sie nicht mehr fern. Es muss gehandelt werden – und zwar jetzt. Der Vertragspartner Natur gewährt keine Aufschübe, und er geht auch keine Kompromisse ein. Netzwerke und ihre Funktionsweisen gibt es in der Natur und im Leben auch im kleinen, für uns Menschen überschaubaren. Zum Abschluss ein kleines Beispiel zum Nachdenken:
Der menschliche Körper ist eine geniale Konstruktion. Dringen in ihn Schädlinge ein (Viren oder Bakterien) und diese vermehren sich zu stark, so vermag der Körper diese in den allermeisten Fällen unschädlich zu machen. Und ist der Körper dazu nicht fähig (Krebszellen, Corona) – dann stirbt er, und mit ihm die Schädlinge. Die Schädlinge können diesen Kampf nicht gewinnen – egal wie er verläuft. Nur, wenn sie lernen, mit ihrem Wirt im Gleichgewicht (oder noch besser: in Symbiose) zu leben gibt es für beide eine Zukunft. Wir müssen schnellstens unseren aufgebauten Abstand zur Natur abbauen, erkennen, dass wir der Natur mitnichten überlegen sind und uns nicht mehr wie Schädlinge benehmen – sonst wird es uns als Spezies bald nicht mehr geben. Auch ganz ohne Atomkriege...
(Dieses Essay finden Sie auch verkürzt als Leserbrief in der Kreiszeitung, Rubrik "Sulinger Land")