Titel: Resignation
Beitrag von: Andreas am 09. November 2019, 17:16:08
...kann ich absolut nachvollziehen. Seit Jahrzehnten ist die Problematik bekannt. Ölkonzerne haben Studien dazu in Auftrag gegeben, die in den tiefsten Ecken der Schubladen verschwanden. Die Schubladen wurden zugenagelt, die Schränke, in denen sie waren, verbrannt. Bloß nicht eingestehen, dass da was problematisch sein könnte!
Die Menschen haben viel Geld in die Ausbildung von Naturwissenschaftlern gesteckt. Menschen, die mit überdurchschnittlichem Verständnis versuchen, die Natur "in Formeln pressbar" zu verstehen. Sie waren erfolgreich - zumindest soweit, dass jetzt 11.000 davon, alle unabhängig, aus allen Teilen der Welt, einen dringlichen Appell an die Regierungen gesendet haben.
Bis jetzt keine angemessene Reaktion. Wenigstens ein Zeichen setzen: die Existenz des Problems anerkennen und nach Außen zeigen, dass man es getan hat.
Der CDU-Abgeordnete Volker Meyer (Lkr. Diepholz) hat das Ausrufen des Klimanotstandes im Landkreis Diepholz abgelehnt und dazu den Satz geäußert: "Wir wollen endlich wieder in der Realität ankommen". Die "Realität" ist, dass die überwiegende Mehrheit der Menschen aus Politik und Wirtschaft die Brisanz und den Zeitdruck zum Handeln um die Folgen des Klimawandels so klein wie möglich zu halten immer noch nicht erkannt hat. Wenn ich mit dem Auto auf der Landstraße unterwegs bin und 100 Meter vor mir nimmt mir ein LKW die Vorfahrt (weil er die Bundesstraße im Schneckentempo quert) - dann hilft nicht "ein wenig Bremsen" - dann heißt es "voll in die Eisen". Und den Klimanotstand nicht als Symbol zu setzen ist ein Ignorieren der Tragweite des Problems mit der Folge "zu spät bremsen".
Da kann ich nur zustimmen, Herr Meyer, Sie sollten in der Realität ankommen! Aber nicht in ihrer persönlichen Realität, sondern in der, die 11.000 Wissenschaftler, alle, mit Verlaub gesagt, ihren Kenntnissen von der Materie "Klimazusammenhänge" um Lichtjahre überlegen, prognostizieren! Wichtig: diese Wissenschaftler sind allesamt Naturwissenschaftler. Das Wissen, was man erworben hat, wenn man sich in Wirtschaftswissenschaften weitergebildet hat, ist für die Lösung dieses Problems nicht nur nutzlos, es steht notwendigen Entscheidungen sogar im Wege. Natürlich ist es schmerzvoll einzusehen dass das, was man sich an Wissen angeeignet hat, den Fortbestand der eigenen Lebensbedingungen zerstört. Aber genau diese Einsicht würde das notwendige Verschieben der Gewichtung der Prioritäten "Naturwissenschaft / Wirtschaftswissenschaft" bewirken und damit den Kopf frei machen für die notwendigen Lenkungsmaßnahmen. Denn leider ist auch der Grundsatz "Die Wirtschaft regelt das schon durch Angebot und Nachfrage" nicht zutreffend. Die Wirtschaft hat sich (und mit ihr der Mensch) bereits zu weit aus der Natur entfernt um sie als Teil von ihr selbst zu sehen. Der Regelmechanismus der Wirtschaft greift nicht in Sachen "Natur" - hier müssen klare gesetzliche Vorgaben her!
Wozu brauchen wir eigentlich Wissenschaftler, wenn wir deren Ergebnisse sowieso ignorieren, weil sie nicht in die eigene Erwartungshaltung passen?
Das Naturverständnis etlicher Völker (der indigenen Völker) war zwar nicht auf dem wissenschaftlichen Niveau wie das unserer Wissenschaftler. Aber es war - auf eine empathische Weise - dem der meisten Politiker und Wirtschaftsführer von heute weit überlegen.
Die Politik, angetrieben von der Wirtschaft, versucht, die Menschen aus der Natur abzusondern, sie "anzuheben", über die Natur zu stellen. Klar: versuchen kann man das. Aber das ist zum Scheitern verurteilt! Der Mensch ist und bleibt Teil der Natur - er ist auf sie angewiesen. Und zwar nicht auf irgendeine Natur, vielmehr auf die, die aktuell gerade existiert. Diese Natur zu verändern heißt seine eigene Lebensgrundlage zu verändern. Das ist sehr vielschichtig und ist erst mit dem Aufkommen von Supercomputern, die man zu Simulationen solcher Systeme verwenden kann, klar geworden. Denkt der Mensch noch "geradeaus" mit der Fähigkeit, "eine Handvoll" zusätzlicher Faktoren zu berücksichtigen, so sind die Zusammenhänge in der Natur "nichtlinear - chaotisch". Wobei das keineswegs heißt, dass es unlogisch ist! Es ist nur wie ein Schachspiel, das nicht nur zwei Spieler, sondern hundert hat, und das nicht 8x8 Felder, sondern 250x250 Felder groß ist und alles beeinflusst sich gegenseitig.
Mein Tipp an die Politiker an Entscheidungspositionen:
Seht mehr Dokumentarfilme über unseren Planeten, das Universum, das Leben, die Natur. Reduziert dafür euren Konsum über Informationen an Wirtschaftswachstum, Konzerninteressen (oft gepaart mit Totschlagargumenten wie "Arbeitsplatzverlust").
Überdenkt den "Sinn des Lebens".
Wir stehen zweifelsfrei an einem Wendepunkt. Den Konsequenzen die folgen wenn wir den falschen Weg einschlagen haben wir nichts entgegenzusetzen (außer dummem Gerede). Die Netzwerke der Natur arbeiten wir ein unaufhaltsames Uhrwerk - mit einer Kraft, die wir nicht bändigen können. Sie sind eigentlich friedlich, sie haben uns ja hervorgebracht :). Aber wer sich gegen sie richtet wird ihre Kraft und Macht zu spüren bekommen.
Das möchten die, die die Dinge mit Hilfe unserer Wissensschaft erkannt haben, nicht so stehen lassen. Ich bin einer von denen - und ich resigniere nicht!
Daher sage ich Ihnen, Herr Meyer, stellvertretend für viele andere: Halten Sie ihr Wort - kommen Sie in der Realität an, bevor die Realität bei uns allen ankommt!
Andreas Richter
EDIT- Nachtrag:- Die Natur geht keine Kompromisse ein
- Verhandlungen, Aufschiebungen: Nada.
- Ankommen in der Realität...
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